Walden und Wandern

Den Deutschen sagt man ja nach, sie hätten ein besonders inniges Verhältnis zu „ihrem“ Wald. Wenn man genauer hinschaut, ging das aber erst mit der Romantik los. Als Städter begannen den Wald als Naherholungsgebiet zu entdecken. Da war es dann aber auch schon vorbei mit dem wilden Urwald. Denn bis zur Romantik kam der Wald eher als unheimlich und bedrohlich daher. Als Ort wo man die zurückließ, derer man sich entledigen wollte. So ist auch Hänsel und Gretel eine durchaus realistische Schilderung der damaligen Lebensumstände.

Ich selbst habe denn auch schon eher ein romantisches Verhältnis mit dem Wald. Deshalb möchte ich in nicht allzu ferner Zukunft ja auch Achtsamkeitswanderungen anbieten. Hauptsächlich durch den Wald. Zum Glück lebe ich ja auch inmitten von Wäldern. Und kann mir nichts Schöneres vorstellen. Aufgewachsen bin ich umzingelt von landwirtschaftlichen Nutzflächen im Sinne von platten Getreidefeldern. Die Gegend war wirklich nichts für mich, es zieht mich nicht im geringsten dorthin zurück.

Wandern, bevorzugt durch den Wald ist meine bevorzugte Freizeitbeschäftigung. Und trotzdem finde ich gefühlt nie genug Zeit dafür. Das Grün der Blätter, der Gesang der Vögel, dass alles ist für mich Erholung pur.

Wilde Tiere vor der Haustür

Ein Effekt der Coronapandemie ist es, dass plötzlich viel mehr Menschen das Wandern für sich entdeckt haben. Und wundern tut es mich nicht. Die Natur ist zum Glück (noch) immer da und ein Ort an dem man sich jederzeit vollkommen frei bewegen kann. Zumindest, wenn man direktes Anecken vermeidet. Und trotz der durch Corona gestiegenen Zahl an Wanderern ist man zum Glück doch meist allein. Zeit die Aufmerksamkeit dem Hier und Jetzt zu widmen. Bewusst die Schönheit der Natur bewundern und sich langsam und mit allen Sinnen ihr anzunähern und oft wird man belohnt, wie durch das plötzliche nur sekundenlange auftauchend einer Schlange. Vor kurzem sah ich meine erste Schlange in freier Wildbahn. Oder auch einen Specht den ich letztens aus der Nähe beobachten durfte. An der Lahn hatte ich das Glück einer flüchtigen Begegnung mit zwei Eisvögel beobachten. All diese Begebenheiten dauern nur Sekunden und sind doch so unendlich wertvoll. Mich entschädigen sie für den ewigen Trott dem ich bei meinem Brot-und-Butter-Job oder beim Einkaufen ausgesetzt bin.

Freisein

Die bereits angesprochene Freiheit bedeutet für mich ebenfalls etwas ungemein Wertvolles. Wenn man nur auf seinen eigenen Füßen unterwegs ist, ist man zum einen auf sich selbst zurückgeworfen. Aber auch vollkommen unabhängig. Viel mehr als brauchbare Schuhe und einen guten Rucksack braucht es hierbei nicht. Und ich kann jederzeit wandern, durch den Wald, in den Wald wie es mir beliebt. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, brauche kein Ticket zu lösen, kein Benzin zu tanken.

Für mich ist die vollkommene Freiheit. Sowohl allein als auch in Gesellschaft. Man kann sich vorher eine Route ausbaldowern oder aufs gerade Wohl losgehen. Oft habe ich meine zuvor geplanten Wege verloren und dann einen ganz Anderen eingeschlagen. Weil vor Ort alles anders aussah, als es laut Karte hätte sein sollen. Verlaufen habe ich mich auch schon. Und dabei festgestellt, dass ich doch erheblich länger laufen kann als ich dachte.

Ganz wichtig ist mir das Innehalten auf dem Weg. Schauen – riechen – spüren. Die Natur ist mit allen Sinnen erlebbar. Ich wundere mich über die Menschen, die durch die Natur hindurch hetzen. Die selbst in ihrer Freizeit vor irgendetwas auf der Flucht zu sein scheinen. Oder möglichst schnell irgendwo ankommen wollen. Vermutlich um einen Haken hinter die nächste Etappe zu machen.

Der Weg ist mein Ziel, das in Bewegung sein. Und in dem Moment.

Yoga ist Bewegung

Im Yoga bin ich auch ständig in Bewegung, selbst wenn ich äußerlich Stillstehe. In meinem Körper ist andauernd Bewegung, ob ich nun dehne, um tiefer in eine Asana zu kommen oder meine Muskeln darum kämpfen die Position zu halten.

Ich versuche Mental tiefer im Wald anzukommen. Deshalb bleibe ich auch stehen und umarme Bäume. Bäume sind sowohl im Spirituellen als auch im biologischen Sinne faszinierende Lebewesen. Im Wald sind alle Bäume miteinander vernetzt und kommunizieren untereinander. Genau genommen war der Wald eine Art Internet, lange bevor die Menschen auch nur die Schrift erfunden hatten.

Beim Wandern kann man sich verlieren, im positiven Sinne. In Bewegung lässt man den Stillstand aus dem Alltag hinter sich. Mentale Knoten lösen sich, man wird offen für neue Eindrücke.

Urlaub

Ich bin niemand der gerne den typischen Touristenurlaub erlebt. Anstelle dessen mache ich lieber jede Woche Kurzurlaube.

Das Gehetze zu fernen Zielen, bei denen dann doch alles beim Alten bleibt, ist nicht mein Ding. Da kann ich bei mir vor Ort mehr erleben. Was natürlich nicht bedeutet, dass ich etwas gegen Ortswechsel hätte. Ich möchte bald einmal wieder mit einem Wohnmobil verreisen. Auch hier bleibt mein Grundmotiv das gleiche. Möglichst unabhängig und spontan durch die Gegend ziehen. Wenn es mir irgendwo nicht gefällt, einfach weiter….

Eine Idee, die mich schon länger umtreibt, sind Wanderungen über mehrere Tage mit Übernachtung im Freien. Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich dies wohl erst in Angriff nehme, wenn ich wieder einen Hund habe. Etwas Abschreckung hat noch nie geschadet. Und Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Im Wald selbst ist mir noch nie etwas bedrohliches Begegnet. Nach meiner Erfahrung halten sich Menschen die zur Bedrohung werden möchten eher selten in Wäldern auf. In Siedlungen ist das Risiko wesentlich größer, Leuten zu begegnen denen man lieber nicht begegnen möchte. Auch, wenn vor kurzem in Deutschland eine Wanderin in der Eifel spurlos verschwand. Das Risiko ist immer noch geringer.

Mein Vorteil waren natürlich über lange Zeit die Hunde an meiner Seite. Wenn dich ein großer Hund begleitet wird es sich Jeder zweimal überlegen, ob er sich mit dir anlegen möchte. Aber auch seit ich keinen Hund mehr habe, hatte ich keine schlechten Erfahrungen. Aber auf Nachtwanderungen verzichte ich.

In Bewegung Sein

Wandern ist für mich strenggenommen keine Fortbewegung, sondern eine Geisteshaltung. In Bewegung bleiben und offen für Neues sein. Das ist die Art wie ich mein Leben liebe.

Im Wald gibt es endlos viel zu entdecken. Würde man im Wald verloren gehen, bräuchte man sich auch keine Sorgen machen zu verhungern, es gibt genug essbare Pflanzen und …. Regenwürmer. Aber bevor ich meinen Proteinbedarf mithilfe von Würmern, Maden und Insekten stille, müsste schon die Zombieapokalypse über uns hereinbrechen. Und alle Pilze aufgegessen sein….

Bisher habe ich noch nie Wildpflanzen gesammelt. Aus schlechtem Gewissen. Ich habe dann immer das Gefühl ich esse den Wildtieren die eh schon knappe Nahrung weg. Daher geht der Weg für mich in Richtung Gemüsegarten.

Der Wald hat mir auch schon durch schwere Zeiten geholfen. Mein Sohn war als Säugling mit geradezu unerträglichen Bauchschmerzen gesegnet. Er hat ungeheuer oft geschrien und ließ sich nicht beruhigen. Ich bin dann immer mit ihm im Tragetuch los gewandert. Mit Hund. Und nach einigen hundert Metern beruhigte mein Sohn sich dann. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn ich diese Fluchtmöglichkeit nicht gehabt hätte. Zumal ich damit allein klarkommen musste, da der zugehörige Mann sich, vollkommen Kind seiner Väter, raushielt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Wald immer schon mein Asyl war. In jeglicher Hinsicht. Und, wenn das ein paar Menschen durch die Coronaeinschränkungen auch für sich entdeckt haben um so besser. Vorausgesetzt sie vergessen nicht ihre „Mitbringsel“ wieder nach Hause zu tragen und wollen nicht alle mit dem Auto in die Natur.

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