Fülle deine Taten und Worte mit aufrichtiger Liebe

Wie oft reden wir einfach so daher und fragen uns nachher: warum habe ich das gesagt? Oder wir achten gar nicht erst darauf, was unsere Worte auslösen. Sind wir gestresst, muss das häufig unser Gegenüber ausbaden – manchmal der Liebste, manchmal die Bäckereifachverkäuferin.

Aber was bedeutet das für unser Gegenüber? Und woher nehmen wir das Recht, unsere negativen Gefühle einfach bei Anderen abzuladen?

Das passiert uns selbst vermutlich auch dauernd. Unsere Mitmenschen verhalten sich ruppig oder unverschämt uns gegenüber, obwohl wir mit ihrem Verdruss so rein gar nichts zu tun haben. Das regt uns dann auf oder wir nehmen es auch noch persönlich und glauben die Welt sei gegen uns. Niemand liebt mich….

Die Axt im Walde


Eigentlich sollte diese Erfahrung schon genug sein, um nicht selbst auf dieses Verhalten zu verfallen. Oft ist jedoch Gegenteil der Fall. Wir verhalten uns wie die Axt im Walde, und zwar umso schlimmer, je mehr Gegenwind uns selbst trifft. Dies führt zu einer Abwärtsspirale. Wir lassen uns von einem missgelaunten Gegenüber runterziehen und bekommen selbst schlechte Laune. Und lassen diese an der nächsten greifbaren Person aus.

Diese Person ist dann auch wieder negativ gestimmt und lässt dies ebenso an jemand unbeteiligten aus. Und so weiter und so weiter. Überhaupt nicht schön.

So betrachtet hat wirklich niemand etwas davon. Am Ende sind alle traurig, ärgerlich, fühlen sich ungeliebt und alleingelassen.
Trotzdem scheint das wahllose, destruktive Heruntermachen anderer Menschen, die mit dem eigenen Ungemach nicht das geringste zu tun haben, der Standard zu sein.

Kaum jemand sagt sich, „oh, die an der Käsetheke war aber gemein zu mir, jetzt bin ich besonders nett zu der Kassiererin, damit wir uns beide freuen können und meine Stimmung wieder obenauf ist“.

Negative Emotionen werden impulsiv weitergegeben


Meist bekommt jene Kassiererin dann die schlechte Laune zu spüren und darf dann das Verhalten von jemand Fremden ausbaden.
Was bei diesen Beispielen auch deutlich werden dürfte, ist, dass eine negative Reaktion auf bestimmte Personen praktisch niemals mit diesen selbst zu tun hat. Leider reagieren wir größtenteils emotional und selten rational.

Geradezu absurd ist jedoch, dass die meisten Menschen damit gar nicht aufhören zu wollen scheinen. Je schlechter es ihnen selbst geht, desto härter arbeiten sie daran, dass sich Andere mindestens genauso schlecht fühlen.

Kinder spiegeln, die Umstände, unter denen sie aufwuchsen, wenn sie Erwachsene sind, wider

Erwachsene, die andere Menschen oder Tiere quälen, wurden in der Regel selbst als Kinder misshandelt. Dies muss nicht zwangsläufig zu strafbaren Handlungen einhergehen. Allerdings finden die meisten Grausamkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen statt und sind mehr oder weniger subtil.

Kurzfristig mag sich der Aggressor dann weniger hilflos fühlen. Aber den Langzeiteffekt, den sein Verhalten beinhaltet, wird er wohl kaum realisieren. Eine Freundschaft oder Liebesbeziehung wird mit der Zeit merklich abkühlen und ultimativ zerbrechen.

Mitunter ist auch ein seltsamer Stolz, bei Menschen, deren Verhalten Andere in irgendeiner Form erniedrigt, bemerkbar. Sie scheinen sich dadurch überlegen zu fühlen.

Sieh, du kannst dich nicht gegen mich wehren: Ich bin stärker als du.

Schaut man sich aber mal an, wer zum Beispiel bei Wölfen oder Hunderudeln das Sagen hat, wird man es mit einem Individuum zu tun haben, dass sozusagen über den Dingen steht. Zum Leittier wird, wer sich durch Souveränität und Kooperationsbereitschaft auszeichnet, nicht wer seine Bedürfnisse an die erste Stelle setzt und diese dann rücksichtslos durchsetzt.

Jemand der andere erniedrigt und schlecht aussehen lässt, wird es zwar schaffen, dass ihn andere in Ruhe lassen. Kann sich daran aber nicht lange freuen. Denn schon bald wird er merken, dass man zwar versucht, ihm aus Angst aus dem Weg zu gehen, aber ihm auch die Kooperation entzieht.

Und, das sagen neuere Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung, es ist die Kooperationsfähigkeit, die uns zu dem gemacht hat, was wir sind.

Mit Gewalt, physischer wie psychischer, schafft man es zwar, besonders in der menschlichen Kultur, sich eine Weile an der Spitze zu halten. Aber der Fall ist dann oft um so tiefer und vernichtender. Davon können sowohl Diktatoren als auch einige „Spitzen“ der Finanzbranche ein Liedchen singen. Trotzdem scheint diese Art der Einflussnahme sehr attraktiv zu sein.

Letztlich beruht ja auch das Modell der Kleinfamilie, wie es in den 1950er Jahren wieder eingeführt wurde, genau auf diesem System. Eine Person ohne echte Führungsqualität bestimmt über Wohl und Weh der anderen Gruppenmitglieder, die wirtschaftlich und kulturell von ihm abhängig sind. Diese Abhängigkeit wird durch wirtschaftliche und kulturelle Zwänge aufrechterhalten.

Das ist natürlich eine reichlich überspitzte, polemisierende Darstellung. Viele Familien mögen, auch zu der Zeit, von Liebe und gegenseitigem Respekt geprägt gewesen sein.

Aber häufig war die Situation schon allein durch die Tatsache, dass nur eine Person Geld verdienen durfte, im Ungleichgewicht.

Wenn ich nun bei mir selbst dieses Verhalten feststelle, was dann? Vielleicht finde ich ja auch, dass mich meine Vorgehensweise weit gebracht hat und ich nichts ändern muss.

Niemandem Rechenschaft schuldig sein, macht total unabhängig.

Wirklich? Ich habe beobachtet, dass gerade solche Menschen oft sehr „laut“ sind und nicht allein sein können. Sie brauchen ständig Bestätigung von Außen. Und holen sich diese nicht selten ohne Rücksicht auf Verluste.

Vom spirituellen Standpunkt aus können einem diese Menschen nur leidtun. Sie sind außerhalb ihrer selbst. Denn nur wer sich selbst nicht genug ist, ist überhaupt darauf angewiesen, andere Menschen für sein Wohlbefinden zu benutzen. Und natürlich sind sie mitnichten unabhängig. Der „tolle Hecht“, wie es so schön heißt, ist mitnichten die flamboyante Persönlichkeit, die er nach außen präsentiert. Sondern zutiefst abhängig von dem Applaus anderer. Bleibt dieser aus, kommt das einer Vernichtung der Persönlichkeit gleich.

Auch der Tyrann bricht in dem Moment zusammen, indem sich seine Untergebenen zusammenrotten, um ihn vom Thron zu stoßen.

Was ist es also, das zu wahrer Unabhängigkeit und Freiheit führt? Und uns automatisch davon befreit, negative Erlebnisse an Unbeteiligte weiterzugeben.

Sich selbst genug sein

Es klinkt so einfach. Dennoch ist dies die Befreiung aus dem Hamsterrad, aus Stress, Frustration und der Angst, die unsere heutige Lebensweise in vielen von uns auslöst.

Und dann besteht auch keine Notwendigkeit mehr, Negatives weiterzugeben.

Wenn wir uns erst einmal frei gemacht haben von dem ständigen Vergleichen, den Statussymbolen und dem Konsumzwang, werden wir im Kopf ganz leicht. Die Schwere des Daseins verschwindet. Nur dann sind wir in der Lage zu erkennen, dass wir eigentlich alles haben, was wir brauchen. Vollkommen unabhängig davon, wie wir materiell aufgestellt sind.

Denn dann können wir unseren Mitgeschöpfen mit der Achtung und der Wertschätzung gegenüber treten, die sie verdient haben.

Überarbeitete Fassung, August 2022

Autorin: Andrea Kochem

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