Von Hunden und Menschen

Ich glaube es gab mal eine Doku, die so hieß…

Das Verhältnis des Menschen zu seinen Haustieren, insbesondere zum vorgeblich „besten Freund“ Hund befremdet mich häufig sehr. Der Hund ist in der Regel sehr wichtig für „seinen“ Menschen. Trotzdem bleibt diese Beziehung geprägt von einem extremen Machtgefälle, ohne das sich die Menschen der bedeutenden Verantwortung, die gerade daraus erwächst, bewusst zu sein scheinen.

Menschen projizieren nach Gusto ihre Bedürfnisse, Wünsche, Hoffnungen auf den Hund. Und diese hat er gefälligst zu erfüllen, ob er es kann oder nicht.

Ich gehe viel zu Fuß, ich wandere. Entsprechend häufig begegne ich Menschen mit Hunden. Was mir immer wieder auffällt, ist das Fehlen einer tiefgehenden Bindung. Mensch und Hund ignorieren sich gegenseitig. Der Mensch klebt am Handy oder hat Kopfhörer in den Ohren. Der Hund beschäftigt sich mit allem bloß nicht mit dem Menschen oder glaubt die Führung übernehmen zu müssen.

Begegnungen der unangenehmen Art

Letztens rannte ein ziemlich kleiner Hund (ohne Leine) kläffend, pöbelnd, auf mich zu und meinte mich in die Schranken weisen zu müssen. Ich blockte ihn körpersprachlich, er zog vorbei. Also ob dieses Verhalten für sich genommen nicht schon schlimm genug wäre, kam dann auch noch der Hundemensch mit der Bemerkung: „der tut nichts“ um die Ecke. Mal abgesehen davon, dass mir der Hund gerade gesagt hatte „mein Mensch ist so unfähig ich muss immer auf den aufpassen“, war sein Verhalten extrem provokant. Und der Weg zu einem Biss bei ängstlichem Verhalten des Menschen ist hier wirklich nicht weit. Oder noch schlimmer: der Hund beißt aus eigener Angst zu.

In dem geschilderten Fall hat der Hund versucht mich zurechtzuweisen. Einem Hund so etwas zu gestatten wirft eine ganze Sammlung von Problemen auf. Aber hat dieser Mensch irgend etwas davon erkannt? Nein, gar nichts, vermutlich fand er das amüsant oder niedlich, was weiß ich was.

Der will doch nur spielen! Oder doch nicht?

Ich hatte immer große Hunde. Einer ähnelte einem schwarzen Wolf. Hätte er sich so verhalten, hätte ich wohl ein paar Herzinfarkte verursacht und eventuell Anzeigen kassiert.

Der schwarze Wolf und ich waren das perfekte Team. Wir konnten uns immer aufeinander verlassen. Bis dahin war es aber ein langer Weg. Als ich ihn übernommen habe, wollte er auf alles losgehen. Auf Artgenossen, Jogger, Fahrradfahrer. Nach über einem Jahr Training hatte ich ihn so weit, dass er an durchhängender Leine an diesen Feindbildern vorbeiging. Das hätte ich nie erreicht, wenn ich den „Opfern“ auch noch erklärt hätte „der will doch nur spielen“. Davon mal abgesehen: Wollte er nicht. Genauso wenig wie der Mini von dem oben die Rede war

Sprechen Sie hündisch?

Worauf ich hinaus will ist, dass sich offenbar die Mehrzahl von Menschen Hunde anschafft, ohne sich im geringsten mit der Hundesprache oder den hündischen „Gepflogenheiten“ zu befassen. Der Hund hat zu funktionieren, aber der Mensch muss nichts dazu beizutragen. Entsprechend wird, wenn es gut läuft, mal ein Kurs besucht, bei dem der Hund lernt, wenn er sich hinsetzt, bekommt er ein Leckerchen. Man findet in Tierheimen viele Hunde, die zwar toll dressiert sind, aber was total vergessen wurde, ist das soziale Lernen. Und so kommt es dann, dass der Hund zwar brav Sitz und Platz macht – gibt ja auch ein Leckerli. Aber wie man Alleine bleibt weiß Wuffi nicht, dass man nicht die Couch als lustiges Fummel und Knabberspielzeug benutzt auch nicht. Und das ein Hund kein Gartenarchitekt ist, erst recht nicht. Wenn die schlechten „Angewohnheiten“ dann überhandnehmen, sucht man im besten Fall den Hundetrainer auf. Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, landet der Hund im Tierheim. Meist ohne den Umweg über den Hundetrainer.

Umso mehr freue ich mich, wenn ich Menschen begegne die sich ernsthaft mit ihren vierpfotigen Partnern auseinandersetzen – das sieht man dann sofort.

Der Corona-Hundeboom

Im Moment haben wir dank Corona plötzlich ganz viele Menschen die sich ein Haustier, insbesondere einen Hund anschaffen. Dabei ist es vermutlich die schlechteste Idee überhaupt, sich in einer Zeit, in der man keine anderen Möglichkeiten der Belustigung hat, als „zu Hause“ zu bleiben, sich ausgerechnet ein Lebewesen in die Familie zu holen, welches soviel Aufmerksamkeit braucht wie ein Hund. In einigen Monaten, vielleicht einem Jahr, geht dann wieder Reisen, Party, Konzerte etc.… Und wohin dann mit dem Hund?

Hotels wollen zusätzliches Geld für die Unterbringung des vierbeinigen Freundes und er muss sich zu benehmen wissen. Hundepensionen sind nicht gerade billig. Offenbar planen die meisten „jungen“ Hundehalter und Halterinnen solche Kosten nicht ins Urlaubsbudget ein.

Daher bin ich, in Bezug auf das „Ende“ der Corona-Beschränkungen überhaupt nicht optimistisch – ich bin davon überzeugt das viele dieser neuen „Freunde“ ganz schnell wieder lästig werden. Kann man wieder normal ausgehen und reisen passt der Hund meist nicht mehr so gut in die Planung. Und ich möchte gar nicht wissen wie viele von diesen „besten Freunden“ dann zu Langzeitinsassen im Tierheim werden. Unter anderem, weil sie halt auch nie gelernt haben wirklich alleine zu bleiben oder weil man die Kosten für den Dogsitter, die Hundepension eben nicht einkalkuliert hatte.

Ich will diesen Hund, und zwar jetzt!

Ein Problem ganz anderer Dimension ist die Herkunft dieser Hunde. Häufig wollen die Menschen unbedingt einen Welpen und am besten einen „reinrassigen“. Aber sich auf die Warteliste eines seriösen Züchters setzen lassen und wenn’s fehlt ein ganzes Jahr auf den neuen „Freund“ warten? Oder sich von Tierschützern unangenehme Fragen gefallen lassen? Wenn es fehlt, erdreisten sich diese noch zu empfehlen, von der ein oder anderen Rasse, oder einem bestimmten Hund Abstand zu nehmen.

Zu wenig Menschen machen sich Gedanken darüber, ob sie für den Hund ausreichen. Sie fragen sich bloß, ob der Hund schön, gefährlich, oder knuddelig genug für sie ist.

Und dann geht es zu den Vermehrern. Die geben sich natürlich schon ein gewisses Maß an Mühe sich zu tarnen. Aber wer allen ernstes glaubt, dass er es mit einem seriösen Hundezüchter zu tun hat, wenn der Hund in einem Industriegebiet oder einer unbelebten Seitenstraße gegen Bares übergeben wird, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Den Meisten dämmert es wohl doch spätestens in diesem Moment. Jedoch viele kaufen das kleine Fellbündel dann aus Mitleid. Nicht selten ist der Welpe krank und stirbt nach kurzer Zeit. Ich kenne so einen Fall von der Familien einer damaligen Freundin. Damals gab es noch kein Corona. Ein Hund vom seriösen Züchter war zu teuer. Am Ende investierte man dann rund die dreifache Summe in den Tierarzt. Das einzige, was man den Leuten zugutehalten kann, ist, dass sie ernsthaft versuchten den Welpen zu retten. Die Überlebenschancen wurden von Anfang an nicht als gut eingeschätzt. Außerdem wurde es danach ein Mischling aus dem Tierschutz, welcher dem gewünschten Schönheitsideal nur in der Fellfarbe entsprochen hat.

Auch wenn es provokant klingt: Leider kann man sagen, dass gerade unter Corona jeder neu gezüchtete Rassenhund ein Hund mehr im Tierheim bedeutet.

Ein Hund ist kein Accessoire

Ich möchte euch aufrütteln. Ein Tier ist kein Spielzeug, kein schickes Modeutensil. Es ist von euch absolut abhängig. Die Entscheidung für einen Hund erfordert extrem viel Verantwortungsbewusstsein. Und meist sollte man sich so einige unangenehme Fragen stellen und auch schonungslos beantworten. Ich würde sogar empfehlen, mal ein paar Monate „trocken“ ohne das Geld zu leben, das ich dann für Hundesitter, Versicherung (Haftpflicht, Gesundheit, Unfall), sonstige Tierarztkosten und natürlich Futter brauchen werde. Ein Hund lebt in der Regel mindestens 12 Jahre. Und braucht Zeit, viel Zeit und auch Geld.

Vielleicht ist eine Pflegestelle oder ehrenamtlich Gassigehen doch die bessere Alternative?

Aber wenn alles passt, bekommst du den besten Lebenspartner, den du dir wünschen kannst. Geprägt von gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Und wer wünscht sich das nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert